Cℓose/d
Künstlerische Erkundungen in benachbarten Umwelten
Künstlerische Erkundungen in benachbarten Umwelten
Raus aus alten Denkmustern, raus aus Handlungsblockaden, raus auf die Straße für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft! Dem Credo der Klimabewegung folgend, tritt das KUNST HAUS WIEN aus dem Museum heraus und in den öffentlichen Raum, mit der Absicht, Unsichtbares sichtbar zu machen, soziale Distanzen zu überwinden, Nähe zuzulassen, die Um- und Mitwelt auf neue Weise zu sehen und ihr zu begegnen.
Vier Monate lang finden in der Nachbarschaft des Museums künstlerische Interventionen, zahlreiche Workshops, Grätzl-Expeditionen, Performances sowie Gespräche zu ökologischen und gesellschaftsrelevanten Themen statt. Die Grundlage bildet ein Ausstellungsparcours, der zwölf künstlerische Positionen versammelt und vielfältige ökologische Perspektiven auf Gegenwart und Zukunft eröffnet. Auf unterschiedliche Art und Weise treten die eingeladenen Künstler:innen in Dialog mit der Erde und der Atmosphäre, mit Flora und Fauna, dem Donaukanal, mit urbaner Infrastruktur und Architektur, mit Nachbar:innen, Besucher:innen und Passant:innen.
Cℓose/d erobert damit ein Terrain, das Teilnahme und Teilhabe gleichsam im Vorübergehen ermöglicht: den öffentlichen Raum. Dieser wird zu einem Laboratorium für ein neues Denken von Gesellschaft in ihrer Eingebundenheit in das planetarische Ökosystem – zu einem Ort, an dem nicht nur gezeigt wird, was bereits existiert, sondern auch, was noch existieren könnte. Die ortsspezifischen künstlerischen Arbeiten entfalten neue Erzählungen und liefern damit Impulse für die Auseinandersetzung mit der „kritischen Zone“: Wird damit in den Geowissenschaften die nur wenige Kilometer dünne Erdoberfläche bezeichnet, also jene Schicht, in der Leben entstanden und möglich ist, so greift der französische Philosoph Bruno Latour diesen Begriff auf, um die Einbindung des Menschen in dieses zerbrechliche Gefüge zu betonen, in dem lebendige Organismen, Erde, Gestein, Wasser und Luft wechselwirken.
Wie passen wir Menschen in diese „kritische Zone“? In welchen Wechselwirkungen stehen wir mit unserer lebendigen und auch unserer unbelebten Um- und Mitwelt? Welche neuen Perspektiven können wir einnehmen, um Veränderungsprozesse anzustoßen? Was können wir von der Natur lernen, deren Teil wir sind, wenngleich wir beharrlich versuchen, uns ihr entgegenzusetzen? Wie können alternative Szenarien für Gegenwart und Zukunft aussehen? Wie bewegen wir uns fort, wie ernähren wir uns, wie leben wir zusammen in Gesellschaften, in Städten, mit anderen Organismen, als Teil der Natur?
Das sind einige der Fragen, welche die künstlerischen Arbeiten aufwerfen. Motiviert, diese geschundene Welt nicht vollends aufzugeben, eröffnen die Projekte ihre jeweils eigenen Narrative und finden sich doch auch zu einem mehrdimensionalen Erzählkosmos zusammen. In ihm spiegeln sich die beiden zentralen globalen ökologischen Krisen unserer Zeit, Erderwärmung und Artensterben, wird vom Wandel der Ökosysteme erzählt, von alternativen Nahrungs- und Energiequellen, neuen Formen und Ritualen des Zusammenlebens und spekulativen Zukunftsszenarien.
Cℓose/d möchte eine lebhafte Debatte über ökologische Fragen, über Visionen für ein inklusives Zusammenleben in der Welt von heute und morgen und über das Potenzial von künstlerischen Narrativen anregen, um den notwendigen sozioökologischen Wandel sichtund greifbar zu machen. Denn: Sich mit dem zu beschäftigen, was außerhalb des Museums ist, mit dem, „in dessen Mitte wir uns bewegen, die Umwelt, der Raum ringsum“ (Georges Perec), ermutigt, die Augen weit zu öffnen für visionäre (Aus-)Wege.
Sophie Haslinger und Barbara Horvath, Kuratorinnen
Stay close – come closer!
Das KUNST HAUS WIEN fördert zukunftsorientierte Praktiken, die dazu beitragen, die Verbindungen zwischen lokalen und globalen Gemeinschaften zu stärken und zu intensivieren. Dazu gehört auch, dass wir selbst aus den Museumsräumen hinaustreten und neue Beziehungen zu unserer Nachbarschaft und den Menschen, die in ihr leben und arbeiten, knüpfen.
Cℓose/d belebt das „Hundertwasser- Grätzl“ auf vielfältige Weise: mit einer Ausstellung im öffentlichen Raum zum Verhältnis von Mensch und Natur, aber auch mit Workshops, botanischen Spaziergängen, Nachbarschaftsgesprächen, einem ambitionierten Kinderprogramm und einem Community Center.
Das poetische, experimentelle, partizipative und humorvolle künstlerische Programm lädt dazu ein, sich auf einen physischen wie gedanklichen Spaziergang rund um das KUNST HAUS WIEN zu begeben und dabei die unmittelbare Um- und Mitwelt neu zu entdecken.
Stay close – come closer: Ich freue mich auf einen kreativen Austausch über Kunst, Natur und Nachhaltigkeit und ein inspirierendes Miteinander!
Gerlinde Riedl, Direktorin KUNST HAUS WIEN
IM GRÄTZL
Das Grätzl ist etwas typisch Wienerisches – auch wenn es Vergleichbares überall auf der Welt gibt. Bekannt sind etwa der Kiez in Berlin oder die Hood in New York. Es sind kleinere überschaubare Viertel einer Stadt, denen etwas Charakteristisches eigen ist. Gemeinsam ist ihnen die besondere Verbundenheit der Bewohner:innen mit ihrer Gegend.